Bei der Diagnose „Magendrehung“ dreht es auch dem Hundehalter umgehend den Magen um, denn diese Erkrankung des Hundes ist schnell, gefährlich und in vielen Fällen tödlich. Rasche Diagnosestellung und sofortige intensive Maßnahmen sind entscheidend für das Überleben des Hundes.

Anatomie

Magen1Der Magen (Ventriculus, Gaster) wird in verschiedene Abschnitte unterteilt: Der Mageneingang (Cardia) ist der Übergangs-bereich von Speiseröhre (Oesophagus) in den Magen. Über ihm liegt in Form einer Magenblase (Ausweitung) der Fundus des Magens. Hier sammelt sich die Luft an, die bei der Nahrungsaufnahme normal mit abgeschluckt wird. Der Magenkörper (Corpus) ist der größte Anteil des Magens. Im Bereich des Überganges von Magen zum Dünndarm befindet sich die sogenannte „Pförtnerhöhle“ (Antrum pyloricum), welche in den Pförtnerkanal übergeht. Der Pförtnerkanal (Canalis pyloricus), welcher einen Schließmuskel besitzt, mündet über die Pförtneröffnung (Ostium pyloricum) in den Zwölffingerdarm (Duodenum).

Der Magen ist über Speiseröhre und Dünndarm befestigt. Er wird von Bauchfell überzogen, welches an der großen Magenkurvatur das große Netz (Omentum majus) und an der kleinen Kurvatur das kleine Netz (Omentum minus) bildet.
Omentum majus und minus halten den Magen nicht fix in seiner Position, denn der Magen eines Hundes ist in seiner Form, Größe und Lage abhängig von seinem jeweiligen Füllungszustand. Der leere Magen ähnelt einem hakenförmig gebogenem Schlauch, dessen Speiseröhre-seitiges Ende, an dem sich der Fundus befindet, durch eine größere Weite, Ausdehnung gekennzeichnet ist. Bei mäßig gefülltem Zustand ist der Magen U-förmig: Der „Magenkörper“ (Corpus ventriculi) macht den einen Schenkel aus, in der Bogenpartie findet sich der Mageneingang, und der andere Schenkel wird von dem Pylorusanteil gebildet. Bei maximaler Füllung des Magens sind vor allem Körper und Pylorushöhle stark geweitet. Die U-Form geht verloren und es entsteht aus Körper und Antrum ein einheitlicher Sack.

Magendrehung

Es wird angenommen, dass der Magentorsion (Torsio = Drehung) eine Magendilatation (Dilatation = Erweiterung) vorausgeht. Zu dieser Magenerweiterung und -aufblähung kommt es durch Abschlucken von Luft bei zu hastigem Fressen oder Trinken, Gasbildung durch bakterielle Verdauungsvorgänge und Überfressen des Hundes. Begünstigend dafür sollen einmalige Fütterungen am Tag und getreidereiches Hundefutter sein. Oftmals wird dem Tierarzt vom Hundehalter berichtet, dass der Hund nach dem Fressen gelaufen, gesprungen oder getobt sei. Große Hunderassen, Hunde mit tiefem Brustkorb und ältere Hunde sind am ehesten gefährdet eine Magendrehung zu bekommen.

Der Magen vollzieht eine Drehung bis zu 360° um seine Längsachse, von der Speiseröhre bis zum Darmübergang. Dabei wird die Speiseröhre spiralförmig abgedreht. Milz und Netz werden mitgezogen und Duodenum und Pankreas zwischen Magen, Zwerchfell und Leber verlagert.
Eine Magendrehung bis zu 180° nennt man Torsion. Bei einer Drehung über 180° spricht man von einem Volvulus.

Folgen

Durch die Abschnürung wird die Aufblähung (Tympanie) des Magens verstärkt. Der Druck im Magen wird größer und größer. In den von der Drehung betroffenen Bereichen kommt es zu einer Blutstauung. Dadurch tritt vermehrt Flüssigkeit in Bauchhöhle und in Magen-Darm; das Blut verdickt sich aufgrund des Flüssigkeitsaustritts. Gas und Flüssigkeit im Magen sammeln sich weiter an und können sich weder über die verschlossene Speiseröhre noch über den Darm leeren, da der Darm durch die Aufblähung des Magens an die Körperwand gedrückt wird und somit ebenfalls verschlossen ist. Die Leber wird nicht mehr ausreichend durchblutet, da die Pfortader komprimiert wird. Die Atmung des Hundes wird durch den Druck auf Zwerchfell und Lunge behindert. Es kann sogar zu einer Ruptur des Zwerchfells kommen! Der Sauerstoffgehalt des Blutes nimmt ab. Die venöse Blutzufuhr zum Herzen ist vermindert (Kompression der hinteren Bauchvene, kardiovaskulärer Schock), so dass das Herzschlagvolumen reduziert und damit der Blutdruck und die Sauerstoffversorgung sinken.

Es besteht Lebensgefahr, denn der Tod kann infolge der Atmungs- und Kreislaufinsuffizienz bzw. Schock rasch eintreten!

Je länger dieser Zustand anhält, desto geringer werden die Überlebenschancen für den Hund. Das Herz wird nicht mehr ausreichend versorgt; der Blutdruck sinkt und es kann zu schweren Herzrhythmusstörungen kommen. Durch die Blutstauung kommt es zu schweren Schädigungen der Organe (bis hin zu Nekrosen) und deren Funktionen.

Symptome

Der Hund ist unruhig und hechelt; er speichelt und seine Schleimhäute sind blass. Er würgt und versucht zu erbrechen, ohne dass nennenswerte Mengen des Mageninhaltes hervorgebracht werden. Meist wird nur ein wenig Flüssigkeit oder Schleim ausgewürgt. Die anfängliche Unruhe des Hundes geht in Apathie über und er wird zunehmend schwächer. Der Bauch bläht sich auf und fühlt sich hart an. Der Hund kann eine Schonhaltung einnehmen, denn der Druck durch den Magen wird zusehends größer und schmerzhaft für den Hund.

Beobachten Sie diese Symptome bei Ihrem Hund, so sollten Sie SOFORT einen Tierarzt aufsuchen. Schnelles Handeln ist lebenswichtig – hier geht es um Minuten!!! Eine Magendrehung ist ein absoluter Notfall und führt ohne entsprechende Maßnahmen und Operation innerhalb weniger Stunden zum Tod.

Behandlung

Zur Diagnosesicherung wird meist geröntgt. Wenn das Röntgenbild die Magendrehung bestätigt, ist eine Operation unabwendbar und baldmöglichst notwendig. Bis jedoch operiert werden kann, sollte versucht werden den Hund möglichst stabil zu halten: Schockbehandlung und Aufrechterhaltung des Kreislaufsystems durch Flüssigkeitszufuhr über Infusionen können lebensrettend sein.

Bei höchstlebensbedrohlichem Zustand wird vor der eigentlichen Operation der Magen punktiert und Gase und gegebenenfalls Flüssigkeit abgelassen. Auf diese Weise wird lediglich der Mageninnendruck verringert und nicht die Magendrehung an sich behoben. Im Lehrbuch heißt es: „… nur bei lebensbedrohlichen Zuständen, andernfalls halte man sich damit nicht auf, denn die Lageveränderung des Magens und der Milz kann nur durch den operativen Eingriff berichtigt werden. …
Die Operation muss frühzeitig in den ersten vier bis sechs Stunden erfolgen, damit sie erfolgreich ist. Bei der Operation wird in der Regel ein Schnitt entlang der Bauchlinie gemacht und der Magen in seine normale Lage gebracht. Dabei wird entweder eine Schlundsonde eingeführt oder der Magen punktiert, damit die Gase abgehen können, da diese die Rücklagerung des Magens stören. Es ist üblich, dass der wieder in seine Lage gebrachte Magen durch eine kleine Naht entweder an der rippenseitigen Körperwand oder der Bauchwand fixiert wird, um einer erneuten Verlagerung vorzubeugen.

Nach der Operation sollte die Herzfunktion des Hundepatienten weiterhin überwacht werden, da auch postoperativ noch Rhythmusstörungen auftreten können. Diese Herzfunktionsstörungen können auch nachträglich noch zum Tod führen. Ebenso sollten Sauerstoffversorgung, Durchblutung, Blutgerinnung und Urinabsatz im Auge behalten werden. Nach überstandener Operation wird der Hund die ersten 48 Stunden meist nur über Infusionen ernährt und danach wird er erst langsam unter Anleitung wieder angefüttert.

Ursachen

Warum es zu einer Magendrehung kommt, ist noch nicht genau geklärt. Zur Diskussion stehen unterschiedliche Möglichkeiten wie beispielsweise die Aufnahme einer großen Futtermenge (Fütterung nur einmal pro Tag), Bewegung nach dem Füttern oder Aufgasung des Magens mit anschließender Verdrehung. Aber auch bei Hunden mit leerem Magen und auch über Nacht tritt die Magendrehung auf. Also auch, wenn der Hund weder gefressen noch getobt hat. Bei älteren Tieren erschlafft mit der Zeit das Gewebe, so dass es bei ihnen schneller zu einer Magendrehung kommen kann.

Häufig trifft es großwüchsige Hunde mit tiefem Brustkorb wie Deutsche Doggen, Schäferhunde, Boxer, Irischen Wolfshunde, Rottweiler, Dobermänner usw. sowie Mischlinge dieser Größenordnung, aber auch bei anderen Hunden wie Dackel und Pekingesen kann die Magendrehung auftreten. Es kann einen Hund in jeder Altersklasse erwischen, allerdings sind die Fälle seltener bei Hunden, die unter zwei Jahre alt sind.

Die Magendrehung scheint zudem eine genetische Komponente zu besitzen – Genaueres ist nicht abgeklärt – jedoch ist das Risiko bei Hunden erhöht, welche in ihrer Verwandtschaft Hunde haben, bei denen bereits eine Magendrehung aufgetreten ist. Deswegen sollte auch nicht mit einem Hund gezüchtet werden, welcher bereits eine Magendrehung überstanden hat oder in dessen naher Verwandtschaft eine solche Erkrankung aufgetreten ist.

Zudem wird auch in bestimmten Futterzusammensetzungen eine Ursache vermutet. So sind getreidereiches Futter und besonders fetthaltiges Trockenfutter in Verdacht Auslöser für eine Magendilatation mit folgender Magendrehung zu sein. Ebenso Trockenfutter, welche mit Zitronensäure (Ascorbinsäure) versetzt sind, besonders, wenn das Futter angefeuchtet gefüttert wird.

Letztendlich sind genaue Ursachen für eine Magendrehung noch nicht abgeklärt. Bekannt sind bisher nur die oben angeführten Faktoren, bei denen das Risiko des Auftretens einer Magendrehung erhöht ist.

Prophylaxe

Teilen Sie die tägliche Futterration Ihres Hundes lieber in mehrere kleine Portionen auf statt den Hundemagen mit einer einzigen großen Portion am Tag zu belasten.
Achten Sie auf eine artgerechte Zusammensetzung des Hundefutters.
Lassen Sie Ihren Hund nicht sein Futter hastig herunter schlingen, sondern geben Sie ihm lieber kleinere Portionen nach und nach, sollte er sich mit Heißhunger auf seinen Futternapf stürzen wollen.
Vermeiden Sie übermäßiges Toben Ihres Hundes nach dem Fressen. Nach der Fütterung verringert eine „Verdauungspause“ von wenigstens ein bis zwei Stunden das Risiko einer Magendrehung.

Fazit

Zu guter Letzt sei Ihnen ans Herz gelegt: Sollten Sie auch nur den leisesten Verdacht haben und Anzeichen für eine Magendrehung bei Ihrem Hund sehen, handeln Sie unverzüglich und suchen den nächsten Tierarzt auf! Es zählt jede Minute bei einer Magendrehung. Fahren Sie lieber einmal zu viel zum Tierarzt als zu lange zu warten.


Quellen:
Silbersiepe, Berger, Müller – Lehrbuch der Speziellen Chirurgie
Dahme, Weiss – Grundriss der speziellen pathologischen Anatomie der Haustiere
Nickel – Lehrbuch der Anatomie der Haustiere, Band II
Abbildung: © Jill Peters

© Jill Peters 2009 – www.visions-inside.de